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WHOA SPECIAL – 2. TEIL
WHOA SPECIAL II – INHALT DES RESTRUKTURIERUNGSPLANS
In der ersten Sonderausgabe zum WHOA haben wir eine Bilanz nach 2,5 Jahren WHOA gezogen. Auch haben wir einen kurzen Überblick über das niederländische WHOA-Verfahren gegeben und die WHOA mit der deutschen StaRUG verglichen. In dieser zweiten Sonderausgabe zur WHOA werden wir die Rechte von Gesellschaftern und Gläubigern, den Inhalt des Restrukturierungsplans[1] und die Voraussetzungen für die Annahme und Bestätigung des Restrukturierungsplans besprechen.
Die Planbetroffenen
Ein Schuldner hat wie in Deutschland ein Auswahlermessen und kann frei entscheiden, ob er allen seinen Gläubigern und Gesellschaftern einen Restrukturierungsplan anbietet oder sich auf bestimmte Planbetroffene beschränkt. Auch gruppeninterne Drittsicherheiten können (wie im StaRUG-Verfahren) im Restrukturierungsplan gestaltet werden. Die Rechte von Gläubigern und Gesellschaftern, die nicht im Restrukturierungsplan einbezogen sind, bleiben unberührt. Rechte von Arbeitnehmern, die sich aus den Arbeitsverträgen ergeben (z. B. Lohnansprüche und Ansprüche der Pensionsfonds auf rückständige oder künftige Rentenbeiträge[2]), können nicht restrukturiert werden. Obwohl das StaRUG die Gestaltung von Forderungen aus unerlaubter Handlung ausschließt, können Forderungen aus unerlaubter Handlung (onrechtmatige daad) in einem WHOA-Verfahren sehr wohl restrukturiert werden.
Auch in den Niederlanden sind die Planbetroffenen in unterschiedliche Gruppen (klassen) einzuteilen, wenn ihre Positionen unterschiedlich sind. Die Positionen der Planbetroffenen gelten als unterschiedlich, wenn die Gläubiger z. B. bei der Verwertung des Schuldnervermögens in einem Insolvenzverfahren einen unterschiedlichen Rang haben oder auf Grund des Restrukturierungsplans ein unterschiedliches Recht angeboten bekommen. Außerdem sind die Gesellschafter in eine eigene Gruppe einzuteilen. Insbesondere schreibt das WHOA vor, dass eine separate Gruppe für ungesicherte kleine oder mittlere Unternehmen („KMU“) gebildet werden muss (dazu nachfolgend mehr).
Der Inhalt des Restrukturierungsplans
Die Voraussetzungen des niederländischen Planinhalts ähneln den Voraussetzungen der StaRUG. Der Inhalt des Restrukturierungsplans muss den Planbetroffenen alle Informationen bereitstellen, die für ihre Entscheidung über die Zustimmung zum Plan erheblich sind.
Grundsätzlich ist es möglich, im Restrukturierungsplan die Rechte von Planbetroffenen auf jede Art und Weise zu gestalten. Beispiele dafür sind ein vollständiger oder teilweiser Schuldenerlass, ein Debt-for-Equity Swap oder ein Zahlungsaufschub. Zudem gibt es in den Niederlanden die Möglichkeit, laufende Verträge, die für den Schuldner finanziell belastend sind, einseitig zu kündigen. Allerdings muss der Schuldner zuerst versuchen, mit seinem Vertragspartner eine andere Lösung mittels Vertragsänderung oder -beendigung zu vereinbaren. Erst wenn sich die Parteien nicht einigen können, kann der Schuldner einen Antrag auf Genehmigung zur einseitigen Kündigung des Vertrags beim Gericht stellen.[3] Der Schuldner stellt diesen Antrag gleichzeitig mit seinem Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans. Wenn das Gericht den Restrukturierungsplan bestätigt, kann auch die Genehmigung zur einseitigen Kündigung des laufenden Vertrags erteilt werden.[4]
Schutz der KMU-Gläubiger
Wie bereits erwähnt, müssen die KMU-Gläubiger in eine separate Gruppe eingeteilt werden. Grundsätzlich darf der Restrukturierungsplan der Gruppe der KMU-Gläubiger keine Auszahlung anbieten, die weniger als 20% des Forderungsbetrags entspricht. Nur wenn es dafür schwerwiegende Gründe gibt, darf im Plan davon abgewichen werden. Diese schwerwiegenden Gründe sind im Restrukturierungsplan schriftlich aufzunehmen, sonst droht die Ablehnung der Bestätigung des Restrukturierungsplans.
Cash-Out Option
Eine zusätzliche Voraussetzung des WHOAs im Gegensatz zum StaRUG ist, dass der Restrukturierungsplan den Planbetroffenen die Wahl einer Ausschüttung eine Barauszahlung in Höhe der Liquidationswerte anbieten soll, eine „Cash-Out Option“. Für professionelle Geldgeber (einschließlich Banken), deren Forderungen durch Pfandrechte oder Hypotheken gesichert sind, gilt eine gemilderte Cash-Out Option: nur wenn ihnen im Rahmen der Finanzierung Anteile oder Zertifikate angeboten werden können (z. B. im Zusammenhang mit einem Debt-for-Equity Swap), soll ihnen die Möglichkeit einer anderen Ausschüttungsform angeboten werden, z. B. die eines Zahlungsaufschubs oder der Fortführung des Darlehens, es sei denn, die gesamte Gruppe stimmt dem Debt-for-Equity Swap zu.
Abstimmung über den Restrukturierungsplan
Ebenfalls wie in Deutschland muss jede Gruppe gesondert über den Restrukturierungsplan abstimmen. Die Zustimmung einer Gruppe gilt in den Niederlanden als erteilt, wenn zwei Drittel der Forderungen bzw. des gezeichneten Kapitals der abstimmenden Gläubiger bzw. Gesellschafter dem Plan zugestimmt haben. Dabei gilt „No Show, No Vote“: nicht-abstimmende Planbetroffene werden außer Betracht gelassen.
Für den Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans ist es in den Niederlanden allerdings nicht erforderlich, dass die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan zugestimmt hat. Wenn mindestens eine Gruppe von Gläubigern dem Plan zugestimmt hat, kann der Schuldner beim Gericht schriftlich die Bestätigung des Plans beantragen. Falls der Plan die Änderung der Rechte von einer Gläubigergruppe vorsieht, deren Forderungen im Insolvenzverfahren höchstwahrscheinlich ganz oder zumindest teilweise beglichen würden (also „In The Money“ sind), muss diese Gläubigergruppe dem Plan auf jeden Fall zugestimmt haben.[5]
Ablehnung oder Bestätigung des Plans
Der Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans wird vom Gericht abgelehnt, wenn das WHOA-Verfahren nicht ordentlich verlaufen ist. Im Grunde genommen, prüft das Gericht:
Ob die Planbetroffenen ordnungsgemäß vom Plan in Kenntnis gesetzt worden sind und die Möglichkeit hatten, darüber abzustimmen;
Ob die Informationen und Anlagen ausreichend für die Planbetroffenen sind, um sich ein deutliches Bild von der Restrukturierung zu formen;
Ob die Planbetroffenen in die richtige Gruppe eingeteilt wurden und ihre Stimme sich nach dem richtigen Betrag oder Wert der Forderung richtete.
Falls ein gegenstimmender Planbetroffener sich durch den Plan in einer schlechteren Position befindet, als er sich (ohne Plan) in einem Insolvenzverfahren befinden würde, kann er beim Gericht die Ablehnung der Planbestätigung beantragen. Auch auf Antrag einer gegenstimmenden Gruppe kann das Gericht die Bestätigung des Plans ablehnen, wenn der Restrukturierungsplan der Gruppe keine Cash-Out Option anbietet. Für die KMU-Gruppe gilt dies zusätzlich, wenn eine Cash-Out Option angeboten wird, die von der 20%-Regelung abweicht ohne das die vorgenannten schwerwiegenden Gründe der Abweichung von der 20 %-Regelung schriftlich im Plan aufgenommen sind.
Zum Schluss gilt, dass der Antrag auf Ablehnung der Bestätigung nur vom Gericht berücksichtigt wird, wenn der Planbetroffene dem Restrukturierungsplan rechtzeitig (nachdem er das mögliche Vorliegen eines Ablehnungsgrundes festgestellt hat oder hätte feststellen müssen) widersprochen hat.
Nach der Entscheidung des Gerichts
Nach Bestätigung des Restrukturierungsplans durch das zuständige Gericht sind alle Planbetroffenen an den Restrukturierungsplan gebunden, auch diejenigen, die nicht abgestimmt oder gegen den Plan gestimmt haben. Anders als in Deutschland kann in den Niederlanden kein Rechtsmittel gegen Gerichtsentscheidungen im Rahmen eines WHOA-Verfahrens eingelegt werden.
Wie in Deutschland gilt in den Niederlanden eine dreijährige WHOA-Sperre, wenn der Restrukturierungsversuch eines Schuldners in den vorangegangenen drei Jahren gescheitert ist, z. B. wenn der Plan von allen Gruppen abgelehnt wurde oder wenn das Gericht die Bestätigung des Plans abgelehnt hat. Die Sperre gilt nicht, wenn ein neu bestellter Restrukturierungsbeauftragter einen neuen Restrukturierungsversuch unternimmt.
[1] Ein außergerichtlicher Vergleich (onderhands akkoord).
[2] Hoge Raad, den 25. Februar 2022, ECLI:NL:HR:2022:328 (X / Stichting Pensioenfonds Horeca & Catering) und später kodifiziert in Artikel 369 Absatz 4 Fw.
[3] Der Restrukturierungsplan kann auch den zukünftigen Schadenersatz bei einseitiger Kündigung gestalten. Der Vertragspartner wird damit stimmberechtigter Gläubiger und kann über den Plan abstimmen und die Ablehnung der Bestätigung beantragen (und indirekt die Ablehnung der Kündigung).
[4] Bisher wurden nur drei Urteile (online) veröffentlicht, in denen das Gericht die Genehmigung zur einseitigen Kündigung erteilt hat. In drei anderen Fällen, wurde der Antrag auf Genehmigung zusammen mit dem Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans abgelehnt.
[5] Z. B.: Die Bestätigung des Plans kann beantragt werden, wenn vier von fünf Gruppen den Plan abgelehnt haben und nur die gesicherte Gläubigergruppe zugestimmt hat.